Der seltsame Herr Welt

Es gibt in Bochum einen Schriftsteller, der ist wirklich eine sonderbare Gestalt. Sein Name: Wolfgang Welt. Sein Beruf: Nachtportier im Schauspielhaus. Sein literarisches Werk: vier Bücher, die in den letzten Jahrzehnten wenig verkauft aber oft gelobt wurden. Von bekannten Literaturkritikern und Schriftstellern. So ist zum Beispiel Peter Handke ein bekennender Fan von Wolfgang Welt, dem Bochumer Chronisten der 80er Jahre.


Wolfgang Welt: Schriftsteller und Nachtportier im Schauspielhaus

Der seltsame Herr WeltDie Nacht ist in Bochum angekommen, wenn der Verkehr stadtauswärts größer wird als stadteinwärts. Wenn die Stücke am Schauspielhaus schon gelaufen sind, wenn die Neonreklamen die Stadt erhellen und wenn im Tanas noch Getränke gereicht werden.

Am Bühneneingang wird es ruhiger und an der Pforte hat der Dienst von Wolfgang Welt begonnen, dem Nachtportier des Schauspielhauses. Zum Nachtportier muss man geboren sein. Man muss wahrscheinlich auch einen gewissen Melancholie besitzen, um Tag für Tag oder besser Nacht für Nacht Dunkelheit, Einsamkeit und sich selbst zu ertragen. Der Arbeitsplatz: Ein Rechner ohne Internet, ein Telefon, das nicht klingelt. Seit über 20 Jahren ist Wolfgang Welt nun schon Nachtportier im Schauspielhaus. Was, bitteschön, gefällt ihm an diesem Arbeitsplatz?

Der seltsame Herr WeltWolfgang Welt, Nachtportier: "Dass ich meine Ruhe habe. Sie merken es selbst, es ist jetzt 12 Uhr, jetzt warte ich, bis ich meinen Rundgang machen kann. Dann höre ich Radio und lassen den lieben Gott einen guten Mann sein."

Vor seiner Tätigkeit am Schauspielhaus war Wolfgang Welt übrigens auch schon Nachtwächter. Im Rathaus und in der Ruhrlandhalle. Und davor war er mal Musikjournalist im Marabo und irgendwann dazwischen wurde er zum Schriftsteller. Sein erster Roman: "Peggy Sue". Auflage: 1.000 Stück im Verlag eines Freundes.

Wolfgang Welt, Nachtportier: "Dann wurde ich bekannter und auch im Spiegel wurde über mich geschrieben. Auch in der TAZ, der Süddeutschen Zeitung und dann habe ich noch zwei Romane geschrieben."

"Peggy Sue" war der Startschuss im Jahre 1986, es folgten "der Tick" und "der Tunnel am Ende des Lichts". Was nun fehlte, war nun ein Verlag. Aber Wolfgang Welt besaß Prominente Fans.

Der seltsame Herr WeltWolfgang Welt, Nachtportier: "Peter Handke, der berühmte Schriftsteller hat bei Suhrkamp ein Machtwort gesprochen und gesagt: »Die Bücher vom Wolfgang müssen bei Suhrkamp erscheinen«. Und die Verlagsleiterin hat dann auf ihn gehört und das Buch ist erschienen."

Ein Ritterschlag. Der Suhrkamp Verlag verlegte die ersten drei Romane unter dem Titel "Buddy Holly auf der Wilhelmshöhe" und auch das vierte Werk "Doris hilft".

Wolfang Welt, Nachtportier: "Die haben kein großes Geschiss um mich gemacht, das ist dann auch im Sande verlaufen. Wenn es nur als Taschenbuch rauskommt, dann läuft das nicht so."

So war also Wolfgang Welt gezwungen, weiter Nacht für Nacht seine Runden zu drehen. Als Schriftsteller verdiente er ein bisschen Ruhm und Ehre; als Nachtportier sein Geld.

Der seltsame Herr WeltEs ist 1 Uhr in der Nacht. Wolfgang Welt kontrolliert Türen, Fenster, Bühne und Zuschauerraum.

Derzeit schreibt Wolfgang Welt übrigens an seinem fünften Werk, über die 90er-Jahre im Schauspielhaus. Schreiben tut er übrigens nie nachts, sondern nur im Urlaub. Also wird es noch ein paar Mal dunkel werden, bevor das nächste Buch des sonderbaren Schriftstellers Wolfgang Welt erscheint.

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