Glocke auf Reisen

Im Dezember 2012 läuteten die Glocken zum letzten Mal. Fast zwei Jahre später, am 16. September 2014, wurde die letzte von vier Glocken aus dem Glockenturm der Marienkirche herunter gelassen und abtransportiert. Im Jahre 1957 wurde die vier Tonnen schwere Glocke aus Stahl mit der Inschrift „Gerechtigkeit schafft Frieden“ und „In Christus alles wieder herstellen“ vom Bochumer Verein gegossen. Doch niemals geht man so ganz. 2015 kehrt sie, entrostet und restauriert, wieder zurück. Gut sichtbar für die Besucher des Foyers des Musikzentrums, als Pausenglocke.


Die letzte Glocke wurde aus der Marienkirche Bochum ausgebaut.

Bernhard Mensen, Architekt: Die letzte Glocke wurde aus der Marienkirche Bochum ausgebaut.„Fangen wir einfach mal mit dem Einbau an, das ist im Grunde auch der Weg, wie die Glocke in die Kirche reingekommen ist. Also früher war hier noch eine Ebene drinnen, die ist jetzt schon rausgeschnitten, eine betonierte Ebene, und in der befand sich das Glockenloch, d. h. nach Fertigstellung des Turmes wurden dann irgendwann, wenn auch der Glockenstuhl erstellt war, die Glocken hochgezogen. Und diese Löcher benutzen wir jetzt wieder bzw. unten haben wir extra ein Loch in der neu betonierten Ebene gelassen damit wir diese Glocke hier runter bekommen, ansonsten bräuchte man ja praktische eine ganze Wand geöffnet um die Glocke rauszubekommen. Was dann zusätzlich natürlich auch noch das Problem mit sich bringen würde, dass sie über vier Tonnen wiegt und die bekommt man nicht einfach horizontal bewegt.
Jetzt haben wir die Glocke wieder oben am Stahlgestell aufgehangen. Dieses Stahlgestell ist das, wo alle vier Glocken drinnen gehangen haben, mit ihrem Jochen, mit ihrem Schlagwerk, mit der ganzen Begleittechnik die sie zum Teil hier noch sehen, das da drüben sind die Stundenschlaghämmer, die dort auf der Erde liegen. Und oben ist jetzt praktisch ein großer Querbalken eingehangen, an dem jetzt die Glocke hängt. Sie hängt an ihrer Krone, also an der eigentlichen Aufhängung auch, und die ist damit so stabil, dass man sie damit runterlassen kann; und das alte Loch passt auch genau und das untere auch. Man muss ein bisschen an den Balken vorbei manövrieren und so können wir die Glocke jetzt schrittweise runterlassen.“

Roswitha Korfhage, Restauratorin: Die letzte Glocke wurde aus der Marienkirche Bochum ausgebaut. „Eigentlich ist es immer schade wenn Glocken aus dem Turm rauskommen, also schöner ist es, wenn die Glocken im Turm verbleiben aber mittlerweile werden immer mehr Kirchen entwidmet und dann nutzt man diese Gebäude anderweitig und die Glocken kommen raus. Es ist einfach in diesem Fall, weil es eine schöne große Glocke ist, sie hat gut vier Tonnen mit allem Zubehör, und das ist dann schon eine kleine Herausforderung. Für mich eigentlich weniger, sondern mehr für Leute die dann arbeiten.“

Bernhard Mensen, Architekt: Die letzte Glocke wurde aus der Marienkirche Bochum ausgebaut. „Die große Glocke, die wir jetzt gerade abgelassen haben wird mittels eines Stahlträgers wieder aufgehangen und bleibt in der gesamten Kirche sichtbar und wird umgebaut für das Konzerthaus zur Pausenglocke. Dafür wird sie saniert und nach der Sanierung anschließend wieder in die Kirche gebracht und dann wieder aufgehangen, aber dann im sichtbaren Bereich, nicht hier oben im unsichtbaren. Man weiß über die Glocke, dass sie aus dem Glockengußverein Bochum ist, sie da erstellt wurde, dass sie ungefähr viereinhalb Tonne wiegt und von 1957 ist, also im Rahmen des Wiederaufbaus hat es auch ein neues Glockenspiel gegeben. Vorher sind Bronzeglocken hier in der Kirche gewesen, die sind im Krieg aber einfach eingeschmolzen worden, wie viele Glocken. Glocken, wenn man sie im Turm belässt, verursachen fortwährend Kosten, und deswegen werden sie eben abgelassen und so gibt es einen Überschuss an Glocken, auf Grund der vielen Kirchenschließungen und Stilllegungen.“

Roswitha Korfhage, Restauratorin: Die letzte Glocke wurde aus der Marienkirche Bochum ausgebaut. „Das besondere ist eigentlich das, dass es eine der letzten Stahlglocken ist. Stahlglocken werden nicht mehr gegossen, jedenfalls nicht mehr in dieser Form, und diese Glocke auch in Bochum gegossen worden ist, so Luftlinie würde ich sagen ca. 1 km und zwar im Bochumer Verein, das hatte glaube ich Herr Mensen vorhin schon gesagt. Diese Glockengießerei hat bis in die 70er Jahre Glocken gegossen, anschließend hatte Krupp das übernommen aber Stahlglocken wurden dann nicht mehr gefragt und dann sind auch keine Glocken mehr gegossen worden. Also es ist schon was Besonderes , und die Größe natürlich auch.“

Roswitha Korfhage, Restauratorin: Die letzte Glocke wurde aus der Marienkirche Bochum ausgebaut. „Das ist die Klöppelaufhängung und im Grunde genommen hängt der ganze Klöppel nur ‚im Leder’, mehr eigentlich nicht. D. h. hier kommt der Bolzen durch, durch die Glocke und das war es eigentlich; er hängt also wirklich nur an diesem Stück. Und das hier sind die sogenannten Bronzepuffer oder Bronzepilze, jeder nennt die anders, damit nicht Stahl auf Stahl scheppert.“

Bernhard Mensen, Architekt: Die letzte Glocke wurde aus der Marienkirche Bochum ausgebaut. „Können Sie noch kurz was erzählen wie man den Punkt findet wo sie anschlagen muss?“

Roswitha Korfhage, Restauratorin: „Versuch und Irrtum!“

Bernhard Mensen, Architekt: „Versuch und Irrtum, genau, hehe!“

Roswitha Korfhage, Restauratorin: „Ja bei den Stahlglocken ist das so. Der Klöppel wiegt so ca. 50 kg.“

Bernhard Mensen, Architekt: Die letzte Glocke wurde aus der Marienkirche Bochum ausgebaut. „Und trotz der ganzen Technik gibt’s immer noch keine bessere Aufhängung als diesen Bügel mit der Auskleidung aus Leder. Und das wird einfach auch nur gefettet, mehr passiert nicht, und hält auch locker …“

Roswitha Korfhage, Restauratorin: „Ja, sollte eigentlich…“

Bernhard Mensen, Architekt: „50? 30?“

Roswitha Korfhage, Restauratorin: Die letzte Glocke wurde aus der Marienkirche Bochum ausgebaut. „Ja ganz so lang nicht. Zwischendurch muss das Leder mal wieder, wenn es spröde wird auch mal ausgewechselt werden. Was man heute nicht mehr macht sind diese Stahlkappen. Das macht man nicht mehr, da die auch brüchig werden.“


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